„Die Suchfunktion ist zu langsam und funktioniert nicht richtig!“, sagt der Kunde. Und schon geht’s ran an die beauftragte technische Analyse und Fehlersuche. Nach kurzer Zeit ist klar, dass nichts klar ist. Was genau heißt „funktioniert nicht richtig“? Und wie schnell ist schnell genug?
Im Gespräch mit dem Kunden wird deutlich, dass das Projekt insgesamt in Verzug ist, die Anforderungen nicht dokumentiert sind und das agile Vorgehensmodell neu eingeführt wurde. Der verantwortliche Senior Projektmanager spricht nicht mehr mit dem technischen Projektleiter und umgekehrt. Ein typisches Beispiel aus der Praxis. Die Frage ist nun, was tun?
Bei der EXXETA AG wende ich mit meinem Team die intern standardisierte „Service Komponente“ Projektaudit an. Diese schafft den methodischen Rahmen, um Softwareprojekte ganzheitlich zu betrachten und zu bewerten. Ganzheitlich meint hier sowohl die Sicht auf technische Belange als auch auf die gelebten Projektprozesse. Ein Projektaudit ist dabei grundsätzlich sowohl für die direkte Krisenintervention als auch für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess (KVP) geeignet.
Zunächst eine grundsätzliche und wichtige Frage vorweg: Warum schlagen wir die ganzheitliche Betrachtung als Lösungsansatz vor? Auf Basis unserer Projekterfahrung sind für den Erfolg eines Projekts immer mehrere Faktoren relevant. Um ein Projekt zu optimieren oder aus der Krise zu führen, ist es nicht ausreichend, nur einen Aspekt zu betrachten. Wichtige Faktoren im Bereich der Projektprozesse sind zum Beispiel Kommunikationsstrukturen oder die Vorgehensweise bei der Anforderungsdefinition.
Die Service Komponente Projektaudit definiert ein stufenweises Vorgehen in mehreren Phasen. Der Phasenablauf kann ganz im Sinne eines kontinuierlichen Prozesses in weiteren Iterationen erneut durchlaufen werden. Zum einen kann das Ziel sein, die Detailtiefe bei den Untersuchungsgegenständen und der Ergebnisdokumentation pro Iteration zu erhöhen. Zum anderen können auch Themen, die im Review selbst identifiziert wurden, näher betrachtet werden. Kommt das Projektaudit in einer konkreten Krise zum Einsatz, wird der definierte Phasenablauf meist nur einmal komplett durchlaufen.
In unserem konkreten Fall änderten wir gemeinsam mit dem Kunden den Projektauftrag. Die Betrachtung des Projekts erfolgte nun ganzheitlich sowohl für die Softwarearchitektur als auch für die Entwicklungs- und Projektprozesse. Ziel war die Verifikation von Architektur- und Technologieentscheidungen sowie die Identifizierung von Optimierungspotential und das Erarbeiten einer konkreten Handlungsempfehlung.
Die bei der IST-Analyse durch Dokumentensichtung und Interviews gewonnenen Informationen wurden mit Blick auf die zu Beginn des Projektaudits definierten Schwerpunktthemen ausgewertet. Die Dokumentation von Befund und Zustand für die betrachteten Handlungsfelder erfolgte in tabellarischer Form. Entscheidend für die weitere Vorgehensweise ist dann der Zustand, er bewertet die Abweichung von einer „Best Practice“ [1].
Auf Basis der Befunde und ihrer Bewertung konnten wir präventive und korrektive Maßnahmen ableiten. Wichtig ist, das Ziel einer Maßnahme zu definieren um die spätere Erfolgskontrolle zu ermöglichen. Zum Abschluss brachte die Handlungsempfehlung unsere Maßnahmen in eine für die Situation passende Reihenfolge und bot dem Kunden eine Schritt-für-Schritt-Anleitung zur Problemlösung.
Bei Fragen, Anregungen oder Kritik sprechen Sie mich bitte einfach an. Ich freue mich über Rückmeldungen.
(Ursprünglich veröffentlicht am 08.07.2017)
Literatur
[1] List, Werner / Voight, Roger (2010): Kritische Projekte retten. Leitfaden für die Diagnose, Sanierung und Prävention. München: Hanser Verlag.